Der Kiebitz

An einem wunderschönen Tag brachten mir ein paar Kinder ein Tier das im ersten Moment wie ein etwa 1 Tage altes Entchen aussah. Sein Rufton passte allerdings nicht dazu - als ich dann die Füßchen sah war mir ganz klar, es war kein Entchen! Es hatte lange Beine und keine Schwimmhaut zwischen den Zehen.

Ja, aber was haben wir denn dann für ein Baby?

In Ermangelung eines Vogelbuches war es sehr schwer fest zustellen was dies für ein Baby war und dies wiederum erschwerte die richtige Nahrungszubereitung. Ich versuchte mein Glück mit gekochten Eigelb das probiert und wieder ausgespuckt wurde. Haferflocken wurden auch verschmäht. Vogel Aufzuchtsfutter war schon etwas besser. Als ich dann grobes Futter mit kleinen Insekten und Wassertieren reichte, merkte ich sehr bald was gesucht wurde – und dass es auch sehr feucht sein musste. Auch Mehlwürmer wurden sehr gerne gefressen.

  Endlich das richtige Futter

Langsam, aber sicher bekamen wir die Nahrung zur Zufriedenheit unseres Babys zusammen und unser kleiner „Kiwi“ ( nach seinem Rufton genannt ) entwickelte sich gut. Allerdings wusste ich noch immer nicht was ich da hatte. Als wir Beide an einem Sonntag im Gras saßen , bekamen wir Besuch. Die prompte Frage war: „wo haben sie den Kiebitz her ?“ -- Ich darauf: „Ist das ein Kiebitz?“

Er darauf :“Natürlich das, hört man an seinem Ruf und sieht es an den Nasenlöcher, bei denen man durchschauen kann „.

Ich war hoch erfreut, dass ich jemand gefunden hatte der mir weiterhelfen konnte. Jedoch seine erste Reaktion war „den kriegen sie nicht durch. Es ist fast unmöglich ein Kiebitzjunges groß zu ziehen“. Ich ließ mich aber nicht erschrecken, da wir ja schon gut 14 Tage miteinander verbrachten und unser Baby sich bisher gut entwickelt hatte.

Mein kleiner Kiwi hatte sich gut eingelebt und mich voll angenommen. Wie konnte er sich freuen wen er mich sah oder sprechen hörte. Schon durch die Türe erkannte er meine Stimme und ließ seinen Freudenruf ertönen. Am liebsten lief er hinter mir her. Wenn er nur bei mir sein durfte, dann war alles gut.

Muße er allein sein, nutzte er die Zeit um zu ruhen. Er setzte sich in“ sein Haus“ und schlief, hörte aber jedes kleine Geräusch.

Einmal habe ich mich angeschlichen und zwar in einen dunklen Nebenraum, von dem aus ich Kiwi gut beobachten konnte, er mich aber nicht sehen konnte. Ich glaubte es sei ganz unmöglich, dass er mich hören könne - aber schon ertönte sein Freudenruf. Als ich nicht reagierte setzte er sich wieder, schaute aber immer in meine Richtung. Als es ihm dann zu lange ging , stand er auf und kam zielstrebig auf mich zu. Er drückte die Türe soweit auf, dass er durchschlüpfen konnte.

Kiwi futtert seine geliebten Mehlwürmer

Da es aber sehr dunkel war in diesem Raum, blieb er stehen und rief unentwegt als wolle er sagen“ ich weiß, dass du da bist, komm raus“. Als ich mich dann bemerkbar machte, konnte er nicht mehr an sich halten vor Freude.

Leider wurde Kiwi sehr rasch ein großer Vogel und da bei mir keine Möglichkeit war das fliegen zu lernen, musste ich ihn in ein neues zu Hause geben. Wir trennten uns gegenseitig schwer.

Kiwi der inzwischen ein ausgewachsener Vogel war, hatte noch nie das Fliegen probiert.

Er lief immer brav mit mir und um mich herum. Er breitete zwar schon mal seine Flügel aus, aber eigentlich nur um sich zu strecken. Versuchte ich ihm sein Lieblingsfutter in großer Höhe zu reichen, versuchte er mit allen möglichen Raffinessen daran zu kommen ohne zu fliegen. Wenn es sein musste hopste er auf den Stuhl und noch auf den Tisch und von da noch auf meinen Arm.

Als ich ihn in einen Tierpark gab setzte ich ihn im Gehege auf einen gut erhöhten Ast. Er blieb sitzen und schaute sich die Umgebung an. Er zeigte mir nicht mehr, ob er mich noch registrierte - er saß nur und schaute.

Ich verabschiedete mich von ihm - keine Reaktion: Es tat mir schon ein wenig weh.- - Als ich dann nach etwa einer halben Stunde nochmals am Gehege vorbei kam, löste er sich von seinem Ast und flog mir entgegen, als ob er schon immer geflogen wäre.

Vor dem Drahtgeflecht machte er kehrt und bezog wieder seinen Ast.

Kiwi kurz vor seinem Umzug

Kiwi durfte den Herbst und den Winter über im Gehege bleiben. Im Frühjahr wurde ihm die Freiheit angeboten, aber er blieb!