Pikolo mein Wellensittich

 

 Durch irgend welche Umstände bekam ich einen Wellensittich und er durfte mit Erlaubnis in meinem Klassenzimmer sein.

Die Schüler hatten die Gelegenheit vor oder nach dem Unterricht sich mit dem Vogel zu unterhalten, aber in der Unterrichtszeit Piko zu ignorieren. Auch Piko wurde daraufhin erzogen während des Unterrichts nicht zu stören. Dies war auch die Bedingung wenn er bleiben  wollte  -  

Vogel und Schüler hatten die Probe bestanden!

Piko durfte mit der Zeit sogar frei im Klassenzimmer sein –

er saß auf seinem Ast am Spiegel und beobachtete alles was um ihn herum geschah und wie sich später heraus stellte hörte er auch auf alles.

 

  Piko suchte sehr Nähe

 

Waren wir Beide dann allein tobte er sich geradezu aus. Nach ein paar Minuten kehrte er dann auf seinen Ast oder in seinen Käfig zurück und dann wurde geplaudert, es schien als müsse er das Erlebte und gehörte alles erzählen. Dazwischen kam immer wieder ein Ton als ob er lachen würde

Einmal war ich ein paar Tage krank und er durfte mit in mein Zimmer. Als ich dann Besuch bekam, meinten wir Beide Piko habe „ Grüß Gott“ gesagt. Auf meine Aufmunterung es nochmals zu sagen war er dann erst mal ganz still, so als wäre er selbst an dem erschrocken was da aus ihm heraus kam. Als wir dann sprachen kam es ganz klar“ Gis Gott“ – Als ich ihn dann lobte war der Bann gebrochen und den ganzen Tag hörte man sein „Gis Gott“!

Nun kamen die Wörter nur so aus ihm heraus und man merkte wie aufmerksam er den Unterricht verfolgte  -  er gebrauchte Wörter die im normalen Sprachgebrauch nicht enthalten waren.  -  Bald schon kamen ganze Sätze. sein oft zitierter Satz war: “Jesses Gott was duascht, du spinnst „ und dann lachte er!

Die Schmuseworte die er von den Schülerinnen bekam, merkte er sich besonders gern und bei jeder Gelegenheit kam eines zur Anwendung.

Eines Tages musste ich im Unterricht schimpfen. Piko flog von seinem Ast durch das ganze Klassenzimmer zu mir her und sagte: „ Sei lieb, komm sei lieb“!

Ja das musste ich nun wohl auch sein nach dieser Bitte!  -  Da aber eine Spannung im Raum blieb, fragte ich Piko zurück: „ Was ist denn die Heidi, wegen der ich so schimpfen musste?“ Piko antwortete spontan: „En Goldsatz“ –

 Die Klasse lachte und das war lösend. Da ich auch für mich was Liebes erhoffte fragte ich weiter:

„ Ja, was bin dann ich?“  Nach einer kleinen Pause, so, als traue er sich nicht so recht,  kam langsam aber jedes Wort betonend:“ Du – bis -  a  Fetz !“  - 

Die Klasse brüllte!  Ich tat beleidigt und  scheuchte Piko auf seinen Ast zurück,

von wo er dann sein tätätä hören ließ, das er auch einer  Kollegin gegenüber gebrauchte, die ihn nicht leiden mochte.

 

Piko musste überall dabei sein und probieren

 

Als ich einmal krank war, gab es Spätzle zum Essen. Ich wollte dass er was davon versuchte und lockte ihn: “Komm Schätzle, gibt a Spätzle“ Er kam auch, probierte genüsslich und meinte dann: „Och du bis en Spätzlesschatz!“

Piko hatte einen unglaublichen Wortschatz. Eine Kollegin wollte ihm ein schweres Wort beibringen und zwar: „Schnuckibutz“  -  Er horchte und lenkte ab, er sagte alles nur erdenkliche, nur dieses Wort nicht. Als die Kollegin wieder einmal da war und meinte, daß dieses Wort nun scheinbar doch zu schwer sei für ihn, sagte er ohne Aufforderung: „ Du bis a Schnuckibutzschatzibubele“ und er hängte sein gewohntes Lachen an! ( gerade so als wolle er sagen, vonwegen zu schwer!!!)

Kaum ein Abend ging vorbei, daß Piko  nicht wenigstens eine halbe Stunde am Stück geplaudert hätte. Gegen Ende wurde er müde und eine Weile still, aber plötzlich ertönte es: komm her griagst a Bussi, dann gehst Bettle.  - 

Es war meist die gleiche Zeit am Abend.

 

Als ich eine kleine Kohlmeise groß zog, wollte ich gerne, dass möglichst bald eine Beziehung zwischen den Beiden wachsen möge und so nahm ich Piko oft mit zu dem Baby. Als aber Biggi die Kohlmeise piepste und nach Futter gierte flog Piko weg.

 

 

   Biggi die Kohlmeise

 

Als wieder einmal ein lautes Piepsen von Biggi kam, sagte ich zu Piko: "hörst du Biggi – geh mal zu ihr“.

 Doch Pikos entrüstete Antwort war: „ Habs satt, habs satt!

 

Pikos Leben war schon einmalig, fast unglaublich  -  man konnte sich mit ihm regelrecht unterhalten. Oft hätte man glauben können er hätte einen Verstand so treffend waren die Antworten.

Übers Wochenende war immer mal wieder ein ebenfalls sprechender Wellensittich bei mir, der sich als „ lieber Seppi“ vorstellte.

Piko wurde davon so sehr erregt, daß er in einem sehr kräftigen Ton sagte: „Piko lieb, Seppi Spitzbub  -  Tschüß  Seppi, tschüß  Seppi.

 

  Seppi unser Gast

 

 Er duldete es auch nicht, dass Seppi mich anflog.

 

Über Pikos Leben könnte ich wohl ein ganzes Büchlein schreiben.  - 

Doch nur noch ein Erlebnis. Als Piko einmal sehr erschrak, entfloh er durchs offene Fenster. Draußen fand er sich natürlich nicht zurecht. Alle suchte! 

 

Da kam ein Mädchen ganz aufgelöst, und keuchend stieß sie hervor: „Piko ist auf dem Standesamt!

 „ Trotz meiner Sorge um den kleinen Kerl, musste ich doch schmunzeln und meinte:“ Na ja, das ist schon ein Grund zum Ausreißen!“

 Als ich dann mit dem Käfig und seinem Lieblingsfutter kam, flog er ganz erlöst vom Dach des Standesamtes und ging gerne mit nach Hause.

 

Leider fand er ein halbes Jahr später ein tragisches Ende, er verunglückte tödlich!