Zina der Hausrotschwanz

Mitte August kam in der Nacht ein Sturm auf der alles schlagen lies. In der Dunkelheit rannte ich durchs Haus um alle Fenster zu schließen und da am letzten Fenster geschah es. Es quiekte fürchterlich! Im Reflex zog ich das halb geschlossene Fenster rasch wieder auf und schon fiel ein „Etwas“ auf den Boden. Ich machte Licht und da saß oder besser lag zusammen gekauert ein Vogel!

Vorsichtig nahte ich mich ihm – er gab kein Zeichen mehr als ich ihn aufnahm. „O Gott er ist tot“ durchfuhr es mich! –

Aber Gott sei Dank er war nur benommen und lebte noch. Er hatte sehr viele Federn verloren und eine etwa 1cm große Wunde vom Schnabelende zum Kopf hin, die Augen blieben zum Glück heil!

Mit verdünntem Retterspitz machte ich gleich eine Mullauflage am Kopf und auch am Flügel, der fast alle Federn verloren hatte.

Die Wunde am Flügel heilte rasch, aber die Kopfwunde brauchte sehr lange. Nach der erneuten Auflage mit Retterspitz trug ich noch ein wenig Ringelsalbe auf, was scheinbar gut tat, denn schon am Abend konnte Zina das Schnäbelchen ein wenig öffnen.

Ich hatte einen sehr tapferen und geduldigen Patienten der bei jeder Behandlung sehr still hielt.

Mit weichen Mehlwürmchen und Spaghetti ging das Füttern recht gut und Zina musste dabei den Schnabel nicht weit öffnen und es schmeckten ihr zudem auch noch recht gut.

Das anschließende Kuscheln war für sie sehr wichtig, sie setzte sich dabei ganz entspannt zurecht. Auch in der Nestmulde die ich ihr gleich zu Anfang machte saß sie sehr gerne.

Am Abend des 3ten Tages krabbelte sie heraus und als ich sie in meine Hand nahm war sie flutsch weg, aber sie konnte ja nicht fliegen und war sehr rasch erschöpft.

Sie ließ sich gerne gleich wieder von mir aufnehmen.

Nach 2 Tagen sah die Wunde schon recht ordentlich aus, auch bekam Zina wieder Lebensmut, aber es war sehr schwer für sie, nicht fliegen zu können.

6 Tage später schien es, dass sie mit ihrer Behinderung zurecht kam. Die Wunde am Kopf heilte auch gut, nur zwei Stellen brauchten sehr lange zur vollständigen Heilung. An den leichten Verletzungen kamen schon Federn und was ganz wunderbar war, Zina fraß jetzt selber schon ein paar Mehlwürmchen.

   Ins Häuschen ging sie leider nicht selbst, obwohl ich ihr ein Leiterchen gebastelt hatte, ich musste sie immer fangen, was keine leichte Sache war, da sie inzwischen unglaublich flink war.

Hatte ich sie eingefangen, durfte sie noch etwas Kuscheln und so entspannte sie sich wieder und schaute mich dabei recht lieb an.

Bald schon fraß sie auch Weichfutter mit Insekten in das ich Mineralkalk und Vitaminzusatz gab, zur besseren Entwicklung der Federn. Ich hoffte so sehr, dass sie mit den anderen Artgenossen weg ziehen könne, aber es dauerte sehr lange bis sich die Kielchen am Flügel zeigten.

Mit Freude stellte ich den Ansatz der Kielchen fest. Aber o Schreck sie waren bis zu den Spitzen prall voll mit Blut, es konnten keine Federn durch kommen und die paar die es schafften waren verkrüppelt und zu allem Leid, musste ich diese ausziehen. Doch zum Glück kamen bald wieder neue Kielchen nach, aber so 3-4 mal musste ich diese Prozedur wiederholen.

Als ich dann von einer Bekannten ein Homöopathisches Mittel bekam, es waren Arnika Globolie und Silicea Tropfen, ( alles in gut verdünnter Menge angewandt) kamen die Kielchen normal und die Federn kamen mit nur noch kleinen Entwicklungsstörungen, die aber nun selbst abgestoßen wurden. Danach aber kamen endlich kräftige und schöne Federn.

Mit dem Abflug in wärmere Länder wurde natürlich nichts. Zina musste hier bleiben, zum Glück zeigte sie kein Zugverhalten und sie hatte den Winter auch gut überstanden. Bei jedem Sonnenstrahl stellte ich sie mit ihrem Häuschen ans Fenster.

Zum Glück hatte sie es dann doch bald erlernt zum Fressen allein ins Häuschen zu gehen, so konnte ich ihr mehr Freigang geben. Ich bastelte ihr ein 2tes Leiterchen dass sie, wenn sie auf den Boden fiel wieder ins Häuschen klettern konnte und sie benützte es fleißig.

Was sie nicht leiden mochte war, wenn ich das Türchen zu machte, ich musste sie am Abend ganz schön überlisten um dies zu schaffen. Wenn sie merkte, dass ich aufs Häuschen zu ging, war sie Schwupp auch schon heraus gewischt!

Zina habe ich manch abendliche Gymnastik zu verdanken!

Als Zina merkte, dass ihre Flügel sie wieder trugen, flog und übte sie sehr viel und man merkte es ihrem Wesen an, dass sie nun wieder ganz fit war, was bei diesem Speiseplan ja auch kein Wunder war.

Sie bekam zum Insektenweichfutter noch immer wieder ein Mehlwürmchen oder auch mal Hackfleisch das mit gekochtem Reis oder auch mit Mehlspeise und geschabten Apfel untermischt war. Dazu bekam sie noch Mineralkalk und immer mal wieder ein Tröpfchen Vitamin ins Trinkwasser.

Unsere Zina entwickelte sich zu einer Schönheit und sie knickste so höflich und fröhlich als wäre sie sich’s bewusst! Auch sang sie wunderschön und fein.

Ihr tsi und ihr Zungen-schnalzen machten wir Beide oft abwechselnd, was ihr sehr viel Freude machte. Doch trotz Allem wahrte sie Abstand, sie wurde nie so richtig zahm, was sicher auch mit ihrer Behinderung zu tun hatte, musste ich sie dabei doch öfters mal fangen und wehtun, was ihr nicht gefallen konnte.

Doch machte sie trotz allem sehr viel Freude!

Bevor ich sie die Freiheit wählen ließ, stellte ich sie noch eine Zeit im Häuschen ans offene Fenster. Als sich dann das Türchen zur Freiheit öffnete, war sie bald draußen, aber sie kam immer wieder zurück um sich an dem zurecht gestellten Futter zu laben.

Sie ging dabei wie selbstverständlich ins Häuschen.
Am Abend war sie leider wieder an ihrem verhängnisvollen Platz zu finden und hatte keine Lehre daraus gezogen.